Aus dem Dornöschenschlaf

Neues aus dem Gewann Baret

Es war einmal, vor noch gar nicht langer Zeit, da lagen große Flächen im Gewann Baret in Schriesheim in einen tiefen Dornröschenschlaf. Überall wuchsen gewaltige Brombeerhecken. Kein Prinz konnte hier eine Prinzessin retten, denn keine Prinzessin traute sich ins Dornengebüsch und kein Prinz hindurch. Kein Mensch konnte hier Blumen bewundern oder Bäume pflanzen. Einzig die Mönchsgrasmücke war Herr über diese dornige, natürliche Monokultur, die wachsen konnte, weil die Menschen das Interesse verloren haben, das Land zu nutzen. Ab und an verirrte sich ein Reh unter die dornige Matte und suchte Schutz vor Jägern und Wandersleuten. Doch mehr geschah nicht. Die Jahre vergingen. Doch dann kam der Verein blühende Bergstraße e.V. und frage eine manuelle-Heckenscheren-verrückte Botanikerin, ob sie nicht Interesse hätte, das eine oder andere Grundstück aus dem Dornröschenschlaf wach zu küssen. Die Botaniker stutzten: "Mit küssen werde ich da nicht weit kommen", doch da sie dringend Flächen brauche, um mit Schulklassen Obstbäume zu pflanzen und einen Gemüsegarten haben wollte, willigte sie ein. Sie war nicht nur furchtlos in Anbetracht von hunderten von  Stunden dorniger Arbeit, sondern auch eine unglaubliche Optimistin. "Das wird schon", dachte sie sich und wetzte die Heckenschere.  Außerdem dengelte sie noch die Buschsense und schärfte die Astschere und machte sich an die Arbeit. Und wenn sie nicht erschöpft in den Dornen hängt, dann schnippelt sie noch heute.

 

So oder so ähnlich hatte es sich zugetragen. Und weil ich mittlerweile über 2000 qm aus dem Dornröschenschlaf befreit habe und immer wieder ein neues Grundstück gerettet werden will, habe ich mir im Dezember für die "schlimmsten aller Brombeerflächen" einen Landschaftspfleger dazu geholt, der mich ein wenig beim Freischneiden immer neuer Flächen unterstützt. Gegen Bezahlung. Mir ist unser Kulturraum was wert.

Seit 2016 in Arbeit: die Streuobstwiese im Baret

Dies ist ein 700 qm "Schlauchgrundstück" im Gewann Baret, südlich von Leutershausen, getrennt durch einen Weg. Soweit ich das in Erfahrung bringen konnte, wurde das "Stückl" seit 20 Jahren nicht mehr bewirtschaftet. Hier haben sich die Brombeeren bis in die Baumkronen hochgearbeitet. Die alte Aprikose, die hier steht, hatte nur noch einen lebenden Ast, einem alten Brettacher-Apfel erging es nicht besser. Ein Bohnapfel war so stark eingewachsen, dass ich erst wusste, dass er da stand, bis ich mich durch die Brombeeren geschnitten hatte. Hier habe ich ein Stück Gebüsch nahe des Blütenweges vorerst stehen gelassen, damit die Vögel und Tiere hier weiterhin Unterschlupf und eine Versteckmöglichkeit haben. Leider lassen Hundebesitzer ihre Hunde trotz Rehkitz-Beschilderung immer wieder frei herumlaufen: "Der tut doch nichts." Ich hab leider schon ziemlich oft erlebt, dass Hunde, die "nichts tun" aus reiner  "Spielfreude" heraus auf die Rehe losjagen. Das Reh kennt den Unterschied zwischen spielen wollen und gejagt werden nicht. Es verpulvert unnötige Energiereserven bei der Flucht. Da wir heute sehr viele Hunde haben, passiert dem Reh das nicht nur einmal!  Und es gibt ja nicht nur Rehe. Den Eichhörnchen, Dachsen, Füchsen, Vögeln geht es leider auch so. Rebhühner auswildern? Leider ebenfalls Fehlanzeigen - weil sich Hundebesitzer nicht an die Leinenpflicht halten können. Ich liebe Hunde, habe aber kein Verständnis für Hundebesitzer die sich als Naturfreunde ausgeben und der Meinung sind, dass sie das sind, weil sie ihren Hund  - in der Tat - naturgerechten Auslauf lassen. Aber das hat nichts mit Naturfreundschaft zu tun und schon gar nichts mit Naturschutz! Unsere Natur brauchen DEUTLICH weniger Hunde und Katzen! Unsere Tierwelt ist gestresst genug durch Lebensraumzerstörung und Umweltbelastungen.

Den oberen Teil des Grundstücks habe ich 2016 mit neuen Obstbäumen bepflanzt. Er ist so was wie eine "Wildtierpassage", da rechts und links des Grundstücks beide Grundstücke eingezäunt sind. Wildtiere können also nur über mein Grundstück vom Wald ins Streuobstgebiet des Barets. Dementsprechend einzäunen musste ich erstmal die Jungbäume. Ich freue mich aber, dass ich sowohl eine "neue angelegte Streuobstwiese" zeigen kann, als auch eine, die seit zwei Jahren Stück für Stück und Quadratmeter für Quadratmeter aus dem Dornröschenschlaf geweckt wird. Im unteren Teil gibt es immer noch genug zu tun... Ich mache das alles per Hand und Muskelkraft. Für mich ist das ein großes Stück weit  meditative Arbeit. Ich komme dabei zur Ruhe. Mein Kopf und meine Gedanken sind vollkommen still. Am Ende schaut man sich den Quadratmeter an, ist zufrieden, egal wie weit man es geschafft hat und freut sich auf die noch vor einem liegenden verbuschten 400 qm.

2019/2020 - Ein neues Grundstück erwacht aus dem Dornröschenschlaf

In Zuge der Freistellung, die sich dann doch sehr langfristig dahin zog, offenbarte sich Müll ohne Ende. Gut 2 Tonnen  - von der Kloschüssel bis zum Motoröl - haben wir fachgerecht entsorgt. Zum Glück waren auch einige schöne Fundstücke dabei: Eine noch gut erhaltene Grabegabel, eine alte, unverwüstliche Zinkgießkanne und zwei alte Sensen. Ob man die Sensen wieder in Schuss setzten kann, wird sich noch zeigen. Zum Dengen-Üben taugen sie aber allemal. Erschüttert war ich nicht nur über die ganzen Giftmittel, die hier dem Verrotten überlassen wurden, sondern auch von den Glasflaschen, die auch von vorbeigehenden Wanderern einfach ins Dickicht geworfen wurden. Im Baret knallt im Hochsommer die Sonne. Dass es hier noch nicht zum Brand gekommen ist, verdankt das Gewann einem größeren Wunder. Ich bin froh, dass ich nun die Obhut hier habe, und das ganze fiese Zeug dahin schaffen kann, wo es hingehört :In den Sonder- und Glasmüll, der Bauschutt-Sammelstelle, dem normalen Restmüll... oh ja, das hat mich schon einiges gekostet und tut es noch, denn immer wieder stoße ich auf solche Altlasten.

2020 - Wenn der Garten zum Leben erwacht

Selbst wenn ich mich in Geduld übe und versuche mich möglichst aus der Schnelllebigkeit zu verabschieden, so kratze auch ich bisweilen mit den Hufen. Ungeduldig wie ich dann bin, konnte ich es nicht lassen, bereits 2020 einen kleinen Teil als Gemüsegarten zu nutzen.  Mein Mann ist glücklicherweise Geologe und konnte bestätigen, dass trotz Glyphosat-Dosenfund und Holzschutzmittel-Kanister der Boden relativ unbelastet bliebt. Also stopfte ich im Frühling einige Samen in die Erde und die dankte es mir mit 30 kg Kartoffeln, 20 Kg Tomaten, 20 Kg Zucchini, ein Dutzend Auberginen und einen Kg Chilis. Wow. Was ein Start. Die Kürbisse und Gurken wurden leider von den Schnecken gefressen, die Salate von den Rehen. Die fanden die Idee mit dem Gemüsebeet wohl auch ganz lecker. Na was solls. 2021 wird der Gemüsegarten ja erst richtig belebt. Und nein, vollständig einzäunen möchte ich den nicht. Ich bin kein Freund von Zäunen.

 

Ein Hügelbeet ist bereits in Arbeit und wird aktuell befüllt. Ansonsten warten 1000 qm auf die Spitzhacke, denn die Brombeerwurzel wollen ja weiter wachsen...

Februar 2021 - eine ehemalige Brombeerwüste im ersten Jahr

So sieht es nun da aus. Das Grundstück wurde einst durch einen Zaun zweigeteilt. Der muss noch abgebaut werden. Oben am Ende sieht man eine Wildkrische, es ist dieselbe, die man im großen Bild etwas weiter oben sieht (nur im Sommer, als sie noch grün war). Oh ja, es sieht immer noch nach viel Arbeit aus. Aber der geduldige Gärtner weiß: Die Arbeit hat er immer. Es gibt kaum eine Phase im Jahr in der es "nichts zu tun gibt". Außerdem: Na immerhin kommt man nun an die Wurzeln der Brombeeren heran :-). Johannisbeeren und Stachelbeeren sollen den neuen Zaun bilden. Ürsprünglich standen auf dem Grundstück auch 2 Pfirsiche (ein alter Baum steht noch) und  2 Kirschen. Die wurden aber niedergebrannt, sodass nur noch ihre verkohlten Stämme übrig sind. Ganz an Ende (quasi hinter mir als Fotograf) standen auch mal zwei Apfelbäume, aber davon ist ebenfalls nur noch ein alter Apfelbaum ein bisschen lebendig. Er sieht nach Winterprinz aus, aber so ganz sicher bin ich mir da nicht. Brombeeren erdrücken am Anfang ihrer Ausbreitungsphase alles. Auch Bäume. Erst nach und nach greift der Wald nach den Brombeeren, wenn man ihn lässt, aber das dauert viele Jahrzehnte. Bis dahin ist alles vorherige Leben auf der Brombeerfläche längst ins Reich der Märchen eingetreten. 

Doch nun gibt es erst mal was zu tun: Zaun weg, Brombeerreste häufeln (Brombeerschnittgut ist bei Wildbienen der Renner, wenn es Wildbienen geht, die in Markhaltigen Stängeln ihre Brutkammer anlegen. Man sollte daher dringend vermeiden solche Haufen im Herbst zu verbrennen. Wenn dann jetzt: Geschnitten im Dezember, verbrannt bis zum Februar, da wohnt noch nichts drin und auch der Igel hat sich bereits ein Winterquartier anderswo gesucht. Ab März gilt: Wenn der Haufen noch steht, bleibt er die nächsten 1-2 Jahre stehen. 

Kleines Geld für viel Leben

Ein Spendenaufruf. Ja, der muss sein :-). Wie du siehts, stecke ich meine Arbeitszeit in die Natur, genau so wie meine Freizeit, mein Herzblut und eigentlich fast alles, was ich mit der Natur verdiene - das ist nicht so viel. Ich lebe und liebe die Natur mit ganzer Seele. In unserer Gesellschaft wird das zwar als wichtig angesehen, dass es solche Leute gibt, und alle denken, dass man dann ja glücklich ist: Stimmt auch, aber davon kann man nicht leben. Ich möchte auch nicht, dass Du mir Butter spendierst oder Hosen, aber eine Obstbaum wäre ganz wunderbar. Die kosten nämlich einiges. Der dient dann uns allen: ist Lebensraum für Vögel, mache gute Luft für alle (ums mal ganz flappsig zu formulieren), Obst im Herbst für Schulklassen, Wildtiere und ja klar, manchmal bleibt auch mal ein Apfel für mich hängen :). Aber alles was ich möchte: die alten Obstsorten erhalten, die unsere Vorväter für uns gezüchtet haben, ohne das sie sich daran über Sortenschutz bereichert haben, wie wir das heute machen. Die Streuobstwiesen verschwinden! Mitunter stehen Sorten schon auf der Liste der stark gefährdeten Kulturgüter!  Jeder alte Obstbaum zählt, genauso wie jeder neu gepflanzte Obstbaum, der diese alten Sorten erhält und in die nächste Generation trägt. Hilf mit. Jeder Beitrag zählt.

 


PS: Wenn Du mir direkt aber etwas Gutes tun möchtest, dann schau doch mal auf meine Amazon-Wunschliste. Über Kaffee und Tee freue ich mich immer, vor allem wenn ich im Winter Brombeeren schneide und mit die Kälte in die Knochen kriecht. Über,  Ausrüstung, die mir für die Streuobstwerkstatt noch fehlt, freue ich mich auch.