Die handvoll Grün

Heimisches Superfood direkt vor der Haustür

Die wilde Wegmalve dient mir im Sommer oft, zusammen mit der Brennnessel, als Grundlage für eine handvoll wildem Grün am Tag.
Die wilde Wegmalve dient mir im Sommer oft, zusammen mit der Brennnessel, als Grundlage für eine handvoll wildem Grün am Tag.

Du bist, was du isst

Warum zum Kuckuck fange ich nun wieder mit meinen Unkräutern an und warum stehen die unter "Superkräfte"? Na weils Superfood ist. Du bist, was du isst. So einfach. Nicht neu, aber immer noch gültig. Nährstoffe sind die Basis für einen gesundne Körper und nun kommt schon wieder so ein alter Spruch: Mens sana in corpore sano. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. So einfach. Nicht neu, aber... du ahnst es... immer noch gültig.

Weggezüchtet und abgeschwächt

Darf nicht bitter schmecken. Darf nicht schwer zu kauen sein. Muss perfekt aussehen. Makellos außen und innen "hohl".  Das ist unser Obst und Gemüse im Supermarkt. Dazu kommen noch einige andere Kriterien, über die "Normalverbraucher" sich gar nicht bewusst sind: Darf sich nicht weitervermehren lassen, muss resistent sein gegen Unkrautvernichtungsmittel XY und Z. Muss doppelt so schnell wachsen oder gar in drei Generationen im Jahr wachsen, wird aussortiert, wenn es den Leistungsanforderungen nicht genügt oder "schwächelt". Genoptimierung für eine schnelle Produktion ist Gang und Gäbe im Gemüsebau. Die Machenschaften der Chemiekonzerne, gentechnischen Saatguthersteller und dadurch erzeugter Nöte, den Leidensdruck der Landwirte und die Entfremdung des Landbaus von der Natur stecken in jeder Tomate aus den Niederlanden oder Spanien. Nur ein Beispiel von vielen. Wirklich dramatisch wird das ganze dann in der Tierhaltung. Eine Seite die ich jedem ans Herz legen kann: retten-das-huhn.de. Das ist schlimm mit anzuschauen, aber wichtig. Vor allem macht es auch Hoffnung. Wir Menschen sind nicht alle schlecht.

Gemüse als Junkfood

Oh ha. Ich provoziere mal ein wenig. In der Landwirtschaft wird das auch so gehändelt. Nur Pflanzen "wachsen halt". Sie erzeugen bei uns kein Leid, wenn wir eine unsterile Tomate züchten. Aber es geht dabei nicht um die Tomate, sondern um uns! Die Nahrung hat keine wirklichen Superkräfte mehr. Wir müssen viel mehr von Essen (und kaufen!) um den Nährstoffhunger unseres Körpers zu decken. Heutiges Gemüse geht schon in die Richtung "Junkfood", gezüchtet, damit wir mehr kaufen und jemand anders viel verdient - aber das hat nichts mehr mit Versorgung zu tun, sondern mit Gewinnsucht! Die ursprünglichen, kaum oder gar nicht gezüchteten Pflanzen haben noch diese volle Power.

Weniger und ursprünglich ist genug

Schon mal den urzeitlichen Speiseplan gesehen? Wundert man sich dabei nicht, wie die Steinzeitmenschen davon satt werden konnten? Konnten sie, denn all diese Nahrungsmittel hatten es wortwörtlich "in sich", den Stoff, den wir zum Leben brauchen: Vitamine, Bitterstoffe, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe. Je hochwertiger und ursprünglicher ein Lebensmittel, desto weniger braucht es eigentlich davon. Daher reicht "eine handvoll Grün" als Ergänzung zu unserer an Nährstoffen verarmten Kost. Sie bringt die Superkraft zurück.

Züchtung von Geduld

Wir haben nur eine relativ kurze Lebensspanne 60-120 Jahre.  Und wir haben eine innere Unruhe in uns, eine Ungeduld, die wir nur schwer aushalten können. Heute noch schlechter als früher. Noch vor 200 Jahren war "Apfelzucht" eine sehr persönliche Angelegenheit. Man hat Kerne in den Boden gesteckt, und viele Jahre gewartet, bis der erste Apfel am Baum hing und man ihn probieren und für gut oder nicht so gut befunden hat. Meist hat man hin für gut befunden, auch wenn er im ersten Moment nicht geschmeckt hat. Dann nämlich hat man ihn einfach noch ein paar Wochen oder sogar Monate liegen gelassen und stellte dann heraus, dass dies ein toller Lagerapfel war. Oder man war gänzlich unzufrieden, dann sägte man die Krone des jungen Baumes ab und pfropfte einen Apfelzweig vom Nachbarn drauf, dessen Apfel sich z.B. prima dörren ließ.  Das war also kein Prozess, der ein Jahr gedauert hat. Apfelzucht erforderte Geduld, mitunter über Jahrzehnte. Bei Birnen dauerte das sogar meist länger. Wer bringt heute noch so eine Geduld auf? Nehmen wir uns ein Beispiel. Wir haben heute alles was wir brauchen. Nun dürfen wir uns die Geduld  wieder zurückholen. 

Einklang mit dem Zyklus der Natur

Im Laufe meiner Unkrautgourmet-"Laufbahn" entdeckte ich, dass mein intuitives Gespür, für das, was mein Körper gerade braucht, immer mehr zunahm. Wenn ich keinen Spitzwegerich mehr sehen konnte, ging es meinem Asthma über einige Zeit auch so gut. Er enthält lungenwirksame Schleimstoffe. Im Winter kann ich ständig Spitzwegerich mit ins Essen werden, ich werde ihm nie überdrüssig - Winter ist die Zeit der Lungen-Krankheiten.

Den "Gundermann-Jeap", das Bedürfnis den wirklich stark geschmackintensiven Gundermann Glechoma hederaceae zu verwenden, habe ich meist, wenn ich  zu viel Kaffee getrunken habe (meine Schwäche). Er entgiftet. 

Brennnesseln  werde ich nie über.  Ich kann sie rund ums Jahr essen. Ich habe eine furchtbar schlechtes Bindegewebe, das noch dazu viel zu gern zu Wassereinlagerungen niegt - was meinem Cortison zu "verdanken" ist. Brennnessel wirkt stark entwässernd, sanft entgiftend und stärkt das Bindegewebe. 

Die Natur weiß wann die Zeit kommt

Mittlerweile habe ich auch erkannt, dass die Natur immer genau das gerade anbietet, was man aktuell benötigt. Die drei oben genannten Beispiele gehören zu den Pflanzen, die ich persönlich rund ums Jahr benötige. Und ich finde sie rund ums Jahr. Doch es gibt auch Pflanzen, wie Löwenzahn, der den Stoffwechsel nach dem langen Winter wieder "hochturned" und dann ist man auch gesättigt von ihm. Der Sommer ist dann da. Zusammen mit der Einweißflut der Vogeleier (auch Hühner legen im Frühling wie verrückt einer). Muskelpower für einen aktiven Sommer. Eicheln, Bucheckern, Nüsse und die ganze Flut an Äpfeln - die Kombi aus Fett und Kohlehydrate - sorgt im Herbst dafür, dass wir (und die Tiere) uns ein Fettpolster für den harten Winter anlegen. Kohlehydratreiche Wurzeln wie Pastinaken, wilde Möhren und Co., sind Winternahrung usw. Pure Energie für den Stoffwechsel.

Das ist auch nicht neu, aber betrachtet man es aufmerksam, dann wird man... dankbar. Dankbar dafür, dass wir immer noch bedacht werden bei diesem Zyklus der Natur, aber wir es sind, die sich von ihm entfernen. Ich kann und will nicht für die Menschheit sprechen. Ich selbst werde immer mehr wieder zurück in den Einklang gehen, denn es ist so viel leichter, als sich ständig dagegen anzukämpfen mit weitflächigen Gewächshäusern, chemisch synthetisierten Nahrungsergänzungsmitteln, sogenanntes Superfood importiert aus Übersee, angebaut unter Bedingungen und Landschaftszerstörungen, die wir nicht einsehen können. Dabei haben wir alles hier.

Beispiele für heimisches Superfood

  • Brennnesseln (ganze Pflanze)
  • Nachtkerzen und ihre Samen und Wurzeln
  • Samen der Jungfer im Grünen
  • alle drei Wegerichsorten (Blatt, Blütenstand, Samen)
  • Rotklee (Blüten)
  • Löwenzahn (Blätter, Wurzeln)
  • und viele andere (siehe Unkrautgourmet)

Was ist Superfood? Schlussendlich besteht unsere ganze natürliche Nahrung daraus, denn alles ist verbunden, nichts besser, nichts schlechter, und nichts "super". Die Natur ist Superpower pur.

Und die Quintessenz?

  • Eine handvoll wildes Grünzeug am Tag
  • mehr naturbelassene, ursprüngliche Obst und Gemüsesorten, Nüsse, Samen
  • regional, saisonal und direkt aus dem Wildnisgarten
  • mehr Geduld, viel mehr Geduld  :-)